Spiegel und Licht – Erkenntnis und Erleuchtung. Facetten analogischer Bedeutungsbildung in vormodernen Texten

Spiegel und Licht – Erkenntnis und Erleuchtung. Facetten analogischer Bedeutungsbildung in vormodernen Texten

Veranstalter
René Wetzel, Département de langue et de littérature allemandes, Université de Genève, Leiter des SNF-Projekts "Spiegel und Licht. Erkenntnis und Erleuchtung" (Université de Genève)
Ausrichter
Université de Genève
Veranstaltungsort
rue Jean-Daniel-Colladon 2
Gefördert durch
SNF - Schweizerischer Nationalfonds
PLZ
1204
Ort
Genève
Land
Switzerland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
03.11.2022 - 05.11.2022
Von
Katharina Petra Gedigk, Département de langue et littérature allemandes, littérature médiévale, Université de Genève

Die internationale und interdisziplinäre Tagung des SNF-Projekts Spiegel und Licht - Erkenntnis und Erleuchtung. Zur Praxis analogischer Bedeutungsbildung in volkssprachiger Literatur des 12. bis 16. Jahrhunderts findet vom 3. bis 5. November 2022 an der Universität Genf statt.

Spiegel und Licht – Erkenntnis und Erleuchtung. Facetten analogischer Bedeutungsbildung in vormodernen Texten

Die internationale und interdisziplinäre Tagung des SNF-Projekts Spiegel und Licht - Erkenntnis und Erleuchtung. Zur Praxis analogischer Bedeutungsbildung in volkssprachiger Literatur des 12. bis 16. Jahrhunderts findet vom 3. bis 5. November 2022 an der Universität Genf statt.

Die Begriffe ‚Spiegel‘ und ‚Licht‘ werden seit der Antike zur Verhandlung von Erkenntnis verwendet, wobei sie im Mittelalter nicht nur Weltwissen und Selbsterfahrung verheißen, sondern auch im Kontext der Gotteserkenntnis relevant werden. Während Licht allerdings, wo es nicht in Blenden umschlägt, für unmittelbare Erkenntnis, Evidenz und Wahrhaftigkeit steht, weist der Spiegel auf Ähnlichkeitsbezüge zwischen zwei Erkenntnisgegenständen (zwischen dem Spiegel und dem Gespiegelten) hin. Vor allem die Spiegel-Metaphorik erweist sich dabei als Sinnbild für analogische Bedeutungsbildung, die in neuester Zeit (wieder) als zentral für Erkenntnis angesehen wird (Hofstadter / Sander).

In historischer Perspektive zeigt sich, wie Analogiedenken – vor den Ähnlichkeitsmodellen der Renaissance (Foucault) – die mittelalterliche (Schrift-)Kultur prägt, in welcher Allegorie, Typologie und Metaphorik bestimmend sind. Die Metaphorik von ‚Spiegel‘ und ‚Licht‘ ist in diesem Kontext nun insofern von besonderer Bedeutung, als sie nicht nur zur Darstellung von Erkenntnisprozessen verwendet wird, sondern selbst eine spezifische Erkenntnisleistung einfordert, da bereits die Übertragungsleistung von Bildspender zu -empfänger auf Analogiedenken beruht.

Von diesem doppelten Bezug ausgehend steht das Analogiedenken als ein kulturell bedeutsamer Prozess im Zentrum der Tagung: Während nämlich analogische Bedeutungsbildung als kognitiver Prozess in explizit historischen Untersuchungen noch kaum eine dezidierte Rolle spielt, tendieren philosophische, kognitionslinguistische und kognitionspsychologische Ansätze dazu, ihre Erkenntnisse unabhängig von historischen Gegebenheiten zu verabsolutieren. Anhand lateinischer und volkssprachiger Texte zeigen die Vorträge ein möglichst breites Spektrum analogischer Bedeutungsbildung auf verschiedenen Ebenen, um den Möglichkeiten, Bedingungen und Grenzen dieser Denkform nachzugehen.

Im Rahmen der Tagung, die literaturwissenschaftliche mit linguistischen und kognitionswissenschaftlichen Ansätzen verbindet, werden historische Bezüge der Analogie zu Prozessen der Bedeutungsbildung diskutiert.

Programm

Donnerstag, 03. November 2022

ab 14.30 Uhr Empfang

14.45 Uhr René Wetzel (Genève) / Robert Gisselbaek (Genève): Begrüßung und Einführung ins Thema

15.15 Uhr Eröffnungsvortrag von Manfred Eikelmann (Bochum): „Bilder des Erkennens. Über Lichtmetaphorik und Analogiedenken in Wolframs ‚Parzival‘“

16.15 Uhr Kaffeepause
Moderation: Katharina Gedigk (Genève)

16.45 Uhr Natalia Cziganj (Lille): „‘By a forbisene I shal þe faire shewe’. La métaphore de la lumière et la conceptualisation de la connaissance en moyen-anglais“

17.30 Uhr Marie-Luise Musiol (Paderborn): „Recht spiegeln. Mediale Kollisionen in Ulrich Tenglers ‚Laienspiegel‘“

18.15 Uhr Postersession (SpiegeLicht-Projekt)

19.00 Uhr Apéro dinatoire

Freitag, 04. November 2022

_Sektion I: Semantik
Moderation: René Wetzel (Genève)

09.00 Uhr Keynote: Christine Ferlampin-Acher (Rennes): „‚Mireoi‘ dans la littérature arthurienne médiévale en français“

10.00 Uhr Joana Thinius (Göttingen): „‚ein swert daz lît dâzwischen in / schoene unde lûter unde bar‘. Tristans Schwert als identitätsspiegelndes Objekt“

10.45 Uhr Kaffeepause

11.00 Uhr Dennis Disselhoff (Heidelberg): „Lichtschriften. Zur semantischen Dimension leuchtender Inschriftlichkeit in der Visionsliteratur des Mittelalters“

11.45 Uhr Alban Stuckel (Paris): „Lumière et miroir chez maître Eckhart. Une contribution à la métaphorologie de Hans Blumenberg“

12.30 Uhr Gemeinsames Mittagessen

Sektion II: Epistemologie
Moderation: Robert Gisselbaek (Genève)

14.30 Uhr Keynote: Marius Rimmele (Zürich): „Wunderspiegel. Kognitive Implikationen verschiedener Spiegelmetaphern in der Kunst des 15. und frühen 16. Jh.s“

15.30 Uhr Stefan Abel (Bern): „Der Blick des Kindes in den Spiegel. Augustinische Lesarten der Spiegelmetaphorik bei Heinrich von Morungen und im Umkreis der Sizilianischen Schule“

16.15 Uhr Kaffeepause

16.45 Uhr Anne-Gaëlle Cuif (Tours/Torino): „‘Tanquam in speculis’... Les ‘miroirs’ du sensible, de la spéculation à la conversion, dans les systèmes perceptifs et cognitifs de Saint Bonaventure et de Pierre de Jean Olivi“

17.30 Uhr Emmanuel Sander (Genève): „Contribution à une épistémologie interprétative fondée sur l’analogie“

18.15 Uhr Gemeinsames Abendessen

Samstag, 05. November 2022

Sektion III: Narratologie/Poetologie
Moderation: Julia Brusa (Genève)

09.00 Uhr Keynote: Annette Volfing (Oxford): „Mirrors and Violence in the Works of Neidhart and of Wittenwiler“

10.00 Uhr Björn Reich (Gießen/Siegen) / Christoph Schanze (Gießen): „Das Ganze im Fragment. Zur Metaphorik des zerbrochenen Spiegels in der geistlichen Literatur des Mittelalters“

10.45 Uhr Kaffeepause

11.00 Uhr Fabienne Pomel (Rennes): „Une luminothérapie allégorique. Métaphores et expérience de pensée spéculaire et analogique dans ‚Le Songe vert‘“

11.45 Uhr Christine Putzo (Lausanne): „Apollonius im Spiegelkabinett? Analogische Strukturverfahren im ‚Apollonius von Tyrlant‘ des Heinrich von Neustadt“

12.30 Uhr Mittagspause mit Lunch vor Ort

Sektion IV: Didaktik
Moderation: Mirko Pinieri (Genève)

13.30 Uhr Keynote: Marie Anne Polo de Beaulieu (Paris): „Potentiel et fonctions des analogies animalières dans deux recueils d’exempla dominicains des XIIIe et XIVe s.“

14.30 Uhr Camille Bellenger (Paris): „‘Ou mireoir de sa pensee’. La logique spéculaire dans les ‘Miracles de Nostre Dame’ de Gautier de Coinci“

15.15 Uhr Pauline Quarroz (Fribourg): „‘Li dis dou miroir’ de Jean de Condé. De l’idéal éthique à la légitimation poétique“

16.00 Uhr Michael Stolz (Bern): Tagungsfazit und Abschlussdiskussion

16.30 Uhr Tagungsende

Kontakt

E-Mail: spiegelicht@unige.ch

https://www.unige.ch/lettres/alman/spiegelicht/